Krant


In der Galerie Timeless Art ist eine Ausstellung der Malerfreundschaft zwischen Heinrich Stindl und Georg Krinninger gewidmet.

VON JÜRGEN KISTERS (August 2017)

Innenstadt. Künstler sind Individualisten, nicht selten mit Neid gegenüber vielen Kollegen. Doch zugleich fallen unter Künstlern immer wieder die intensiven Freundschaften auf, die über Jahrzehnte in gegenseitiger Achtung und kreativer Beflügelung gepflegt werden. So wie die „Malerfreundschaft“ von Heinrich Stindl (1912-1998) und Georg Krinninger (1920-2003). Ihnen ist eine umfangreiche Ausstellung in der Galerie Timeless Art gewidmet, zusammengestellt von den Töchtern der Künstler, begleitet von einer ebenso schönen wie lehrreichen Buchpublikation im Selbstverlag.

Seit Stindl und Krinninger sich in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg beim Kunststudium an der Akademie in Wien kennengelernt hatten, verloren sie sich nie mehr aus den Augen. Der eine, Stindl, siedelte im Jahr 1947 in die Niederlande über, wo er bis zu seinem Tod als Dozent, selbstständiger Textilentwerfer und freier Maler lebte. Der andere, Krinninger, zog nach dem Ende seines Kunststudiums im Jahr 1950 nach Köln, wo er als technischer Zeichner, Architekt und Maler arbeitete. Verbunden hatte die beiden Künstler ihr intensiver Wunsch, nach der schonungslosen Erfahrung des Soldatenseins fortan ihr Leben der lebendigen und aufbauenden Kraft der Kunst zu widmen.

Und trotz oder gerade wegen der Verschiedenheit ihrer malerischen Ansätze und der damit verbundenen immerwährenden Streitgespräche, verspürten sie eine intensive Seelen-verwandtschaft, die keinen Zweifel daran ließ, dass gerade das Verschiedene (künstlerisch) zusammengehört. Dabei stehen beide fraglos auch für den gerade in Deutschland heftig ausgetragenen Richtungsstreit zwischen der gegenstandslos-abstrakten und der figurativen Kunst, auf die Tradition Bezug nehmende oder bewusst mit ihr brechende Ausdrucksformen.

Interessanterweise hält Georg Krinninger, der jüngere der beiden, beharrlich an der Figur fest. Er war ein hervorragender Zeichner, der mit präzisen Strichen in größter Genauigkeit die menschliche Anatomie erfasste, sogar in der Bewegung. Beeinflusst von den alten Meistern und vom Impressionismus zeigen seine Bilder ein großes Interesse an der grundsätzlichen Bewegtheit der menschlichen Existenz. Er macht sie in Silhouetten sichtbar, ihre Präsenz wächst aus ihrer Unschärfe. Mit raschen Pinselschwüngen und in leuchtender Farbigkeit spürt er den Menschen im Geschehenden des Alltags nach. Er zeigt sie bewusst gesichtslos, gehend, sitzend, beim Gitarrespiel oder beim Fahrradfahren. Bewegungen des Sports interessierten Krinninger besonders, war er doch selbst in jungen Jahren Leistungssportler und sogar Österreichischer Jugendmeister im Stabhochsprung. Eine gewisse Melancholie schwingt in seinen Menschendarstellungen immer mit.

In Heinrich Stindls Bildwelten ist der Mensch dagegen abwesend. Es bleibt offen, ob Stindl bekannte Oberflächen auf ihre unsichtbare Tiefenstruktur untersuchte oder bislang unbekannte Wirklichkeiten überhaupt erst erschuf. Er ließ seinen Strichen freien Lauf, ließ aus Linien Formen wachsen und aus vielen Formen verschachtelte Gewebe, die ebenso verunsichernd wie geheimnisvoll wirken. Stindl war experimentierfreudig und neugierig in seinem Malprozess, und er beherrschte die organische Linienführung ebenso wie das konstruktive Element. In der Natur-Landschaft mit ihren unendlichen Wachstums- und Verwandlungsprozessen fand er immer wieder eine inspirierende Quelle für seine Malerei. Nichts und niemand ist so feinteilig wie die Natur selbst. Sie ist das beste Vorbild für allen Umgang mit Farben.

Was ein gemaltes Bild interessant macht, ist eines, das die Natur berührt, aber zugleich über sie hinausgeht. Beide, Krinninger und Stindl, fanden dafür ebenso verschiedene wie eigene Wege. Und beiden gelang, was sie sich im Krieg vorgenommen hatten, ein Leben als Künstler zu führen. „Ein Maler ist ein Mann, der malt“, hatte einst einer ihrer gemeinsamen Professoren an der Akademie erklärt. Er wollte damit sagen, dass für einen Maler allein das wichtig ist, was auf der Leinwand geschieht. Beide beherzigten diese einfache Formel ihr Leben lang.

Galerie TIMELESSART, Neusser Straße 261, geöffnet Di-Fr 10-19 Uhr, Sa 14-19 Uhr, bis 29.9.

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